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Zwei mögliche Regierungen, die gleiche (große) Herausforderung: Die Wirtschaft

09.09.2019

Nach den Vorwahlen (PASO*) im August, bei denen der Oppositionskandidat für das Präsidentenamt Alberto Fernandez mit einer Differenz von 15 Prozentpunkten vor dem amtierenden Präsidenten Mauricio Macri lag, befindet sich Argentinien in einer ungewöhnlichen Situation. Obwohl die eigentlichen Wahlen erst am 27. Oktober stattfinden agieren die Märkte so, als sei der Regierungswechsel bereits eine Tatsache.

Dies ist darauf zurückzuführen, dass angesichts der Zusagen des derzeitigen Präsidenten Macri gegenüber dem IWF die Nachricht einer eventuellen Rückkehr politischer Persönlichkeiten, die in der Vergangenheit ein distanziertes Verhältnis zu internationalen Finanzinstituten unterhielten, es am Tag nach den Vorwahlen zu einer erhöhten Nachfrage und damit zusammenhängenden Wertsteigerung des US-Dollar von mehr als 20% kam. Die argentinische Zetralbank musste regulierend einschreiten. Trotzdem überstieg das Länderrisiko erneut 900 Basispunkte und erreichte in der ersten Septemberwoche sogar 2500 Basispunkte.

Im Nachgang der PASO wird nun vor allem der zunehmende Verlust von Vertrauen und Unterstützung der Bevölkerung in die derzeitige Regierung deutlich. Eine Wirtschaft in der Rezession mit Inflation, hoher Verschuldungsrate und Arbeitslosigkeit in Kombination mit einer vereinten peronistischen Opposition sind die beiden Variablen, die die Niederlage der Regierung in den Vorwahlen erklären. Die großen Anstrengungen, die unternommen wurden, um die Handelsbilanz zu verbessern und die öffentlichen Ausgaben zu senken, wurden vor allem in den letzten Monaten von Kaufkrafteinbußen, dem Verlust von Arbeitsplätzen und der Verschlechterung der Lebensqualität überschattet.

In diesem ungünstigen Kontext ist es von erheblicher Bedeutung, dass die Entscheidungen in wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten, die von den beiden stärksten aus den PASO hervorgegangenen Präsidentschaftskandidaten getroffen werden, vor allem darauf abzielen, den Märkten Vorhersehbarkeit zu verschaffen.

Wie auch immer die Parlamentswahl ausgeht, der zukünftige Präsident wird nur einen eigeschränkten Spielraum haben, muss aber gleichzeitig das Vertrauen der Kapitalmärkte zurückgewinnen, um sich über die internationalen Finanzmärkte finanzieren zu können und so weitere schmerzhafte Kürzungen zu vermeiden oder zumindest gering zu halten. Weiterhin muss er die notwendigen Reformen einleiten, um die argentinische Wirtschaft wieder anzukurbeln und so die fälligen Zahlungen der aufgenommenen Schulden aufbringen zu können. In diesem Sinne hat die Regierung Mauricio Macris bereits in der letzten Augustwoche Verhandlungen mit dem IWF über eine mögliche Verlängerung der Laufzeit des 2018 genehmigten Kredits zu aufgenommen.

In jedem Fall sind beide Kandidaten gezwungen darauf hinzuwirken bis zu den Wahlen die Normalität auf dem Devisenmarkt wiederherzustellen und damit die Chancen für einen friedlichen Regierungswechsel zu verbessern. In diesem Zusammenhang ist noch anzumerken, dass im Falle eines Wahlsieges der Opposition unter Alberto Fernandez, diese den Vorteil hätte, über Mehrheiten in beiden Kammern zu verfügen. Nach vier Jahren der Minderheitsregierung wäre es für die Exekutive dann leichter, die notwendigen Gesetze und Strukturreformen zu verabschieden.

Die Wiederherstellung des Vertrauens der Märkte, die Stabilisierung der Wechselkurse, die Verringerung der Inflation und des Haushaltsdefizits sowie die Rückkehr zu Wirtschaftswachstum sind nur einige der schwierigen Aufgaben, die der nächste Präsident zu bewältigen hat. Wer auch immer gewinnt, die Wirtschaft hat seine Agenda bereits festgelegt.

Quelle: Ecolatina.

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* Die PASO wurden 2009 mit dem Erlass des Gesetzes 26.571 mit zweierlei Absicht eingeführt. Zum einen, um festzustellen, welche politischen Kräfte offiziell zur Teilnahme an nationalen Wahlen berechtigt sind. Dafür müssen diese mindestens 1,5% der gültig abgegebenen Stimmen im jeweiligen Wahlbezirk erhalten. Zusätzlich können die Parteien zu den PASO mehrere Kandidatenlisten vorstellen und ermitteln, welche bei der Bevölkerung die meiste Zustimmung erhält. In diesem Jahr fungierten die PASO (unfreiwillig) auch als landesweite Wahlumfrage; eine Erhebung, deren klares Ergebnis die Berater und Umfrageinstitute überraschte.