AHK News

Neue Regierung: Javier Milei tritt als Präsident Argentiniens an

15.12.2023

Javier Milei, der Vorsitzende der relativ neuen Partei La Libertad Avanza mit geringer Beteiligung im Parlament konnte bei den Vorwahlen im August mit fast 30% die meisten Wählerstimmen auf sich vereinen. Bei den Präsidentschaftswahlen am 22. Oktober belegte seine Partei jedoch den zweiten Platz hinter dem Kandidaten der Regierungspartei Unión por la Patria, dem damaligen Wirtschaftsminister Sergio Massa. Kein klarer Sieger stand damit bis zur Stichwahl am 19. November, die Javier Milei dann jedoch deutlich mit einem Vorsprung von fast 11% gewann. Am 10. Dezember trat er sein Amt als neuer Präsident der Argentinischen Republik an. 

Bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen hatten viele Faktoren Einfluss auf das Wahlergebnis. Dazu gehören u.a., dass Javier Milei keiner der beiden hegemonialen Koalitionen angehört, die in den letzten Jahren abwechselnd die Führung der Regierung übernommen haben: Unión por la Patria (ein Mitte-Links Bündnis bestehend aus Peronismus, der auch die ehemalige Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner angehört) und Juntos por el Cambio (Mitte-Rechts Bündnis, ehemals PRO, der Partei des ehemaligen Präsidenten Mauricio Macri). 

Mileis Sieg in der Stichwahl wurde vor allem dadurch begünstigt, dass Mauricio Macri und Patricia Bullrich, nachdem diese im ersten Wahlgang als Präsidentschaftskandidatin ausgeschieden war, öffentlich zur Unterstützung des Kandidaten der La Libertad Avanza aufriefen. Sie gaben damit der anti-peronistischen Wählerschaft eine akzeptable Wahlalternative und sicherten gleichzeitig Politikern der eigenen Partei mehrere Schlüsselpositionen in Mileis neuer Regierung. 

Der Überdruss der Bevölkerung an der andauernden Wirtschaftskrise mit ständig steigender Inflation (aktuell +150 % p.a.), mehreren parallelen Wechselkursen und der allgemeinen Verschlechterung der Sicherheit, der öffentlichen Dienstleistungen und der Wachstumsmöglichkeiten ermöglichte den Aufstieg eines bis vor wenigen Jahren unbekannten Kandidaten in der politischen Arena. Ein Kandidat, der seine Wahlkampagne mit der Ankündigung der Dollarisierung und der Schließung der Zentralbank begann, der sagte, dass er restriktive wirtschaftliche Maßnahmen ergreifen, Subventionen kürzen und alle Versuche sozialer Proteste außerhalb des Gesetzes unterdrücken würde, konnte mehr als 55 % der Wähler mit dem Versprechen Überzeugen, Korruption und Privilegien zu beseitigen, Gesetze zur Bestrafung der Kriminellen und zum Schutz der Opfer durchzusetzen, den Handel zu liberalisieren, das Privateigentum zu garantieren und der Geißel der Inflation ein für alle Mal ein Ende zu setzen.  

Innerhalb weniger Stunden nach seinem Amtsantritt reduzierte Milei die Zahl der Ministerien um die Hälfte (von 18 auf 9) und besetzte deren Spitze sowohl mit Kandidat*innen aus seiner eigenen Partei als auch mit erfahrenen Politiker*innen aus den Reihen von Juntos por el Cambio und Unión por la Patria. Damit relativierte er zwar sein Ziel der Abschaffung der „politischen Kaste", gewann aber Funktionäre mit langen politischen Karrieren hinzu, die ihm selbst fehlen.   

Kurz danach hat der neue Wirtschaftsminister Luis Caputo (ehemaliger Finanzminister und Direktor der Zentralbank der Regierung von Mauricio Macri) eine drastische Abwertung des argentinischen Peso, eine vorübergehende Erhöhung der Import- und Exportsteuern sowie die Streichung von Transport- und Energiesubventionen angekündigt. Mit dem Ziel, die Wirtschaft langfristig zu sanieren und das Haushaltsdefizit zu verringern, wird der sprunghafte Anstieg der bereits jetzt hohen Inflation, den diese Maßnahmen zwangsläufig hervorrufen, in Kauf genommen. Auf der anderen Seite soll die Geldemission der Zentralbank zur Finanzierung der Defizite eingestellt werden, die laut Milei die Hauptursache für die Inflation der letzten Jahre ist.   

Die argentinische Gesellschaft wird in den kommenden Monaten mit Sicherheit an ihre Grenzen stoßen. Es bleibt abzuwarten, wie groß die Unterstützung für Javier Milei dann sein wird und was geschieht, wenn die angekündigten harten, aber notwendigen Sparmaßnahmen voll greifen.   

Zu vielen Fragen, die die meisten Unternehmen vor Ort, internationale Zulieferer und die Mutterhäuser der hier ansässigen deutschen Firmen am meisten beschäftigen gibt es bisher nur wenig Konkretes. Dazu gehört u.a. der Stand der neuen Regierung zur Ratifizierung des Handelsabkommens zwischen der EU und dem Mercosur sowie die Begleichung der Schulden, die die Niederlassungen hier für die Bezahlung von Warenimporten, Dividenden und Dienstleistungen bei ihren Muttergesellschaften und internationalen Lieferanten angehäuft haben.  

Die derzeitige Außenministerin, Diana Mondino, hat sich mehrfach für das EU-Mercosur Abkommen ausgesprochen und es wäre logisch, dass eine liberale Regierung Instrumente wie dieses zur Erleichterung des Handels befürwortet. Was die Handelsschulden betrifft, die auf die strikte Kontrolle und Beschränkung des Zugriffs zum Devisenmarkt der scheidenden Regierung zurückzuführen sind, und deren Begleichung, gibt es noch keine konkreten Ankündigungen. Aktuell verfügt die argentinische Zentralbank (BCRA) nicht über genügend Devisen. Ihr Negativsaldo beträgt fast 10 Mrd. USD. 

Die AHK Argentinien aktualisiert fortlaufend Informationen zu diesen Themen und steht Ihnen für alle Fragen zur Verfügung. Bitte zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. 

Kontakt: Julieta Barra / jbarra(at)ahkargentina.com.ar